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Reisegefühle

Ich empfinde es als recht wichtig, euch mitzuteilen wie ich mich fühle auf der Reise. Es ist ja schön zu sehen, was wir den ganzen Tag so machen und was wir erleben. Es sieht dann meist auch nach Friede Freude Eierkuchen aus, aber was ich mir jeweils gedacht habe in diversen Situationen oder ob es mir immer gefallen hat, wisst ihr nicht. Vielleicht wird Fabio auch einmal etwas dazu schreiben. Ich denke aber eher nicht.

 

2. April 2019 - Nicole

 

Ihr könnt euch nicht vorstellen wie es mich freut in Chile zu sein. Obwohl wir nur einen Bruchteil von Brasilien gesehen haben, war ein Monat auf diesem Roadtrip schon recht lange. Versteht mich nicht falsch. Es hat mir gut gefallen. Das Essen war auch super, aber das Wetter hat uns halt auch ab und zu noch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich glaube aber es war nicht einmal das. Die langen Fahrten und jeden Tag die selbe Umgebung. Das gibt's halt ab und zu auf Roadtrips, aber gegen Ende hatte ich einfach keine Lust mehr und wollte auf der Coach liegen. Umso mehr habe ich mich auf Chile gefreut. Ich habe richtig gemerkt, dass ich wieder etwas fröhlicher und erfüllter war, als wir hier ankamen. 

 

Um ehrlich zu sein, hatte ich nach Bali null Bock nach Brasilien zu gehen. Ich wollte dem ganzen dann schlussendlich trotzdem eine Chance geben und nach dem ganzen Asienteil, war es das Beste für uns die Umgebung zu wechseln. Es gibt überall Vor- und Nachteile. Und wenn ihr denkt, dass ich voll im Reisefieber bin, dann täuscht ihr euch. Als ich in der Schweiz war, wäre ich am liebsten geblieben. Nicht weil die Welt nicht schön ist, aber weil die Schweiz so viel bietet, das ich liebe! Es fehlt mir auch schon wieder und dennoch werde ich noch nicht zurückkehren. Diese Reise wird für mich die Bestätigung sein, dass Ferien ganz gut für Erholung sind, mein Leben aber in der Schweiz stattfindet. So weit bis jetzt.

 

Beziehung

Wer sich jetzt auf ein riesen Drama einstellt, muss ich enttäuschen. Fabio und ich sind bis dato 5.5 Jahre miteinander zusammen. Wir sind und waren schon immer ein friedliches und recht unkompliziertes Paar. Deshalb klappt auch das mit der Weltreise ganz gut. Ich will aber ehrlich sein: Auch wir hatten die eine oder andere schwierige Situation. Es gab schon einen heftigen Streit, bei welchem ich kurz davor war in's nächste Flugzeug zu steigen und wieder nach Hause zu fliegen, aber es wären nicht 5.5 Jahre, wenn man das Problem nicht lösen könnte. Somit Stand bis jetzt: Immer noch glücklich und zufrieden :-P


9. August 2019 - Nicole

 

Ich sitze gerade am Laptop in Brooklyn in unserer Unterkunft. Ich fühle mich, als wäre es schon normal geworden zu reisen. Mit dem Rucksack durch die Gegend zu laufen und jeden Tag das zu tun, wovon andere vielleicht träumen. Als wir vor ein paar Tagen noch in der Schweiz waren, war ich mir wieder einmal nicht sicher, ob ich wirklich wieder gehen wollte. Dennoch freute ich mich irgendwie auf das, was wieder ansteht. Wir werden mit einem Van durch die Nationalparks der USA fahren. Das ist im Moment einmal der Plan. Der Gedanke, dass wir dann keine feste Unterkunft haben, sondern wahrscheinlich mehrheitlich im Van übernachten, stimmt mich fröhlich. Ich hoffe auf eine gute Zeit.

 


Ich denke dennoch oft an das, was mich/uns im Januar erwarten wird. Wir kehren dann zurück und suchen einen neuen Job. Wird es dann das sein, was wir uns erhoffen? Können wir uns wieder in den Alltag integrieren? Jetzt würde ich stark behaupten "JA, können wir!". Aber wie wird es sich anfühlen um 08:00 Uhr wieder im Büro zu stehen? Werden wir die Strände und unsere Abenteuer vermissen oder überwiegt die Freude unsere Liebsten wieder um uns zu haben?

 

Wir hatten bisher eigentlich immer eine gute Zeit, aber manchmal wird man auch müde vom ganzen Reisen. Ich hatte zum Beispiel überhaupt keine Lust wieder in einen Flieger zu steigen. Das ganze Warten am Flughafen ist einfach mühsam.  Wir hatten 4+h Verspätung mit dem Flug Lisabon-Newark. Ich wurde richtig nervös und ehrlich gesagt auch "hässelig". Irgendwann ist es eben nicht mehr easypeacy und wenn ich an den nächsten Flug Newark-San José denken muss, wird es mir echt schon wieder anders. 

 

Die Zeit fliegt. Es kam mir vor als sei es erst gestern gewesen, als wir aufbrachen. Ich fühle immer noch den Moment in mir, als wir mit unserem Gepäck in Bangkok ankamen und durch die Strassen liefen. Das erste Mal als wir Streetfood assen und uns gut fühlten, weil wir gerade von einer ultradreckigen Küche gegessen haben. Das erste Mal als wir durch eine riesen Stadt liefen und die Eindrücke nur so auf uns einprallten. Ich kann mich an das Gefühl erinnern, als wir anfingen die Gegend zu erkunden und ich das Gefühl hatte, dass wir die einzigen Weltreisenden sind und alle um uns herum einfach Figuren in unserer Geschichte. 

 

Ich kann mich an den Moment erinnern, als ich feststellen musste, dass unsere Reise nicht aus einem Strandhäuschen direkt am Meer bestand und ich auch nicht am Morgen am Meer frühstückte. Ich lag auch nicht jeden Tag mit einem Cocktail im Liegestuhl, nein, wir lernten oft das Landesinnere kennen, liefen stinkend durch die Gegend. Ich war ungeschminkt und meine Haut bekam Pickel vom Schweinefleisch in Vietnam. Wir bekamen Sonnenbrand und manchmal einen Sonnenstich. Es gab weniger Mücken als erwartet. Das Essen sah nicht aus wie auf Instagram sondern als hätte es eine Kuh wiedergekaut. Man hat uns über den Tisch gezogen mit Taxipreisen und wir haben daraus gelernt. Wir haben nicht in 5 Sternehotels die geile Aussicht vom Rooftoppool genossen, sondern waren froh, wenn wir wieder aus dem Wald herausgefunden haben. Es war nicht so wie ich es mir vorgestellt habe. Die Freiheit fühlte sich anders an und ich glaube ich weiss erst wie es wirklich war, wenn es zu Ende ist.

 

UND ES IST ALLES GUT SO WIE ES IST.

 

Ich geniesse jeden Moment auf eine andere Art und Weise. Ich geniesse es auch, wenn ich einfach keine Lust habe. Denn diese Freiheit habe ich. Keine Lust zu haben auf etwas und etwas einfach nicht zu tun. Das solltet ihr alle auch einmal erleben. Es muss kein Jahr sein. Ein paar Monate reichen vielleicht schon.


25. Oktober 2019 - Nicole

 

Zurzeit befinden wir uns in Neuseeland. Wir waren 1.5 Monate auf dem Festland der USA unterwegs und waren überwältigt von den diversen Nationalparks. Wir haben es genossen irgendwo im Van in einem Wald zu schlafen. Wir hätten es aber mit dem Fastfood nicht noch länger ausgehalten. Die USA war definitiv ein MUSS für uns und es hat sich wirklich toll angefühlt.

 

In Hawaii hatten wir auch eine gute Zeit. Dort haben wir ziemlich gesund gelebt. Alles war organisch. Da wir dort ein Workaway gemacht haben, muss ich sagen, dass ich einige Tage auch ein wenig genervt war, weil wir immer am jäten waren- manchmal wollte ich einfach gehen. Wir haben aber dadurch so viel gespart, wenn man bedenkt, dass eine Unterkunft pro Nacht ca. $100 kostet. Das wären dann für 2.5 Wochen gute $1800 gewesen. Wir haben tolle Sachen erlebt wie das Mantatauchen oder das Schnorcheln mit den Delfinen, was mich persönlich sehr erfreut hat und es zu einem tollen Erlebnis machte. Honolulu war anschliessend super, damit wir uns etwas erholen konnten. Ich habe mich gleich wohler gefühlt und als wir dann das Gotti von meiner Schwester getroffen haben, habe ich mich noch mehr gefreut. Es war schön wieder einen Teil der Familie zu sehen. 

 

Da ich übrigens per Januar wieder einen Job habe, ist für mich klar, dass ich auf den 18. Dezember 2019 wieder in die Schweiz gehe. Fabio bleibt noch in Bangkok für ein einmonatiges Training. Ich bin etwas nervös ohne ihn zu sein, wenn ich ehrlich bin. Wir waren lange nicht mehr getrennt und ich komme dann von einer einjährigen Pause zurück und muss mich alleine wieder im Alltag zurecht finden. Es ist nichts, dass wir dann teilen können. Ich freue mich aber bereits auf die kleinen Dinge die ich dann noch zu erledigen habe in der Schweiz.

 

Ich bin also sehr positiv gestimmt und hier in Neuseeland sind wir momentan auch nicht gross am herumreisen sondern geniessen unsere Freizeit nach dem Workaway (jep, schon wieder) auf der Farm. Wir fühlen uns sehr wohl hier und manchmal muss man einfach ein bisschen ruhen. 


29. November 2019 - Nicole

 

Wir konnten bereits eine Woche in Tulamben (Bali) geniessen, bevor wir uns wieder in "Arbeit" (Vounteering für BAWA) stürzen. 

 

Wir haben uns mehr mit dem Tauchen auseinandergesetzt und ich wurde von Tag zu Tag sicherer und es gefiel mir immer mehr. Wir haben beide die Zeit im Tulamben Wreck Divers Resort genossen. Ich konnte diese Woche richtig abschalten, hatte aber auch das erste Mal so richtig das Gefühl "angekommen zu sein". Ich fühlte mich richtig entspannt. Immer noch, während ich diese Zeilen schreibe. 


Und obwohl ich den Hunden bei BAWA wirklich helfen will, möchte ich hier im Moment am liebsten nicht weg. Vor ein paar Monaten habe ich mich extrem auf mein Zuhause gefreut. Ich freue mich immer noch, aber langsam kommt auch ein bisschen Angst und Sorge dazu. Werde ich die Winterdepression in der Schweiz überstehen? Verdammt, es geht nur noch knapp 2.5 Wochen bis ich wieder in der Schweiz bin und die schönen Flecken dieser Welt hinter mir lassen muss. Ach Freiheit, wo bleibst du denn? Du wirst wieder in deinen Schrank gesperrt und wer weiss wann sie wieder herauskommen kann. Deshalb finde ich es so wichtig, dass man Ziele hat! Das hilft, dmit man nicht verzweifelt.

 

Ich werde bestimmt weinen wenn ich Fabio in Bangkok lasse und alleine das Flugzeug besteige und ich werde sicher auch in der Wohnung weinen, wenn ich realisiere, dass alles vorbei ist. Ich bin froh, dass meine Schwester die nächsten Monate noch bei mir wohnt, bevor sie in ihr neues Zuhause zieht. Dann bin ich nicht so alleine und ich freue mich auf die Zeit mit ihr. Ich glaube eine Weltreise ist mit viel Emotionen verbunden. Was man sieht, was man erlebt, was man vermisst, was man geniesst. Aber realisieren kann man die ganzen Gefühle glaube ich erst, wenn sich die Reise dem Ende zuneigt.

 

Ich habe Angst vor den Gefühlen, welche mich überwältigen könnten. Ich bin aber bereit dazu.

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